Sonntag, 26. Juli 2009

"Entschuldigung, sind Sie die Wurst?"

Das ist wohl schon jedem von uns passiert: In der Bahn, im Supermarkt oder im Café belauschen wir aus Versehen jemanden im Gespräch - und derjenige haut einen unheimlichen Kracher raus. Für solche Fälle gibt es belauscht.de - hier sind die aufgeschnappten Gesprächsfetzen versammelt.

Die besten gibt es nun endlich in Buchform. Auf 280 Seiten echte Pointen aus dem Leben - einfach nur urkomisch und zum Weglachen! "Sind Sie die Wurst?" ist eine optimale Klo-Lektüre oder genau die richtige Unterhaltung für kurze Bahnfahrten. Immer in kleinen Dosen genießen - dann hat man am längsten was vom Buch!

Donnerstag, 23. Juli 2009

"Warum die Reichen reicher werden...." von Mark Buchanan

Der Mensch ist ein Herdentier - sagt man so. Aber warum ist das eigentlich so? Warum immitieren wir immer das, was die meisten anderen machen, obwohl wir meistens wissen dass es falsch ist? Warum tun wir uns zu Gruppen zusammen, auch wenn es offensichtlich keinen Sinn macht? Und warum helfen wir manchmal selbstlos anderen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten?

Das soziale Atom und der Mensch im Visier der Wissenschaft: "Warum die Reichen reicher werden und Ihr Nachbar so aussieht wie Sie. Neue Erkenntnisse aus der Sozialphysik" (so der komplette Titel) zeigt spannende Experimente in denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Beim Lesen lernt man, dass wir eben nicht für jede selbstlose Tat eine Gegenleistung erwarten und dass wir uns auch dann in Gruppen einteilen würden wenn alle gleich wären, aber bei der Geburt in verschiedenen Farben lackiert würden.

Ein spannender Einblick in die Sozialphysik. Nach der Lektüre fragt man sich nicht mehr, warum man auch hochguckt, wenn vor einem drei Leute in den Himmel schauen, auch wenn da gar nichts ist.

Sonntag, 19. Juli 2009

"Man tut was man kann" von Hans Rath

Dr. Paul Schuberth ist 42 Jahre alt, Personalleiter eines Verlages, schläft mit Frauen um deren Lebensgefährten eifersüchtig zu machen und ist ein Zyniker vor dem Herrn. Paul hilft seinen Freunden aus, die Probleme haben, und sorgt so dafür, dass seine Wohnung bald bis unter die Decke mit Hilfsbedürftigen voll ist. Nebenbei fragt er sich, ob es sowas wie wahre Liebe noch gibt und wie er seiner Stieftochter aus erster Ehe helfen kann, die sich gerade als lesbisch geoutet hat.

"Man tut was man kann" steckt voller skurriler Situationen, witzigen Dialogen und sarkastischen Gedanken des Protagonisten. Der Ich-Erzähler drückt sich gewählt aus und provoziert gerade dadurch den ein oder anderen herzhaften Lacher beim Leser.

Einen roten Faden gibt's bei diesem Buch nicht, das ist aber auch nicht schlimm. "Man tut was man kann" ist ein unterhaltsames, nettes und ziemlich lustiges Buch. Einziges Manko: Der Verlag hat beim Druck manche Zeilen so arg gequetscht, dass man beim Lesen manchmal Probleme bekommt zu sehen, ob es sich um ein oder zwei Worte handelt. Aber trotzdem: Gute Unterhaltung!

Sonntag, 12. Juli 2009

"Zoe - Sind denn alle netten Männer schwul?!" von Bibi Loebnau

Zoe, Titelheldin des gleichnamigen Romans, arbeitet in einer Galerie und ist auf der Suche nach Mr. Right. Dabei hat sie allerdings die blöde Angewohnheit, entweder totale Vollpfosten kennenzulernen - oder aber nette tolle Typen, die sich als schwul herausstellen.

"Zoe" sind 220 Seiten seichteste Unterhaltung ohne besondere Vorkommnisse. Kein roter Faden, keine besonderen Gags, keine Spannung. Nette Unterhaltung für drei, vier Stunden, die man im intellektuellen Standby-Modus verbringen kann. "Zoe" kann man lesen - man kann's aber auch lassen. 14,95 Euro dafür auszugeben wäre aber zumindest nah dran an absoluter Verschwendung.

"Manisch" von Ruth Newman

Schon der dritte Mord erschüttert das Ariel College in Cambridge. Wieder ist es eine junge, erfolgreiche Studentin, die brutal umgebracht und verstümmelt wurde. Diesmal scheint es als gäbe es eine Zeugin: Die Studentin Olivia liegt blutgetränkt neben dem Opfer. Doch Olivia spricht nicht. Sie ist komplett manisch.

Nach und nach rollen ein Detective und ein Psychologe die Geschehnisse auf. Mit vielen Zeitsprüngen wird auf den ersten 300 Seiten des Buchs die Geschichte der Morde niedergelegt. Nach und nach erfährt der Leser von den vorangegangenen Taten und von der Olivias Vergangenheit. Auf den letzten 100 Seiten geht dann ordentlich die Post ab: Unerwartete Wendungen machen den Endspurt zu einem furiosen Finale mit einem Ende, das dem Leser den Mund offen stehen lässt! Der Epilo ist dann im Rückblick noch ganz nett zu lesen, macht aber irgendwie den Effekt des genialen Schlusses kaputt.

Zugegeben: Typische Spannung kommt bei "Manisch" kaum vor, weil niemand akut bedroht wird. Und doch fesselt das Buch von Anfang bis Ende. Die Autorin hat ein tolles Mittelmaß gefunden, den Leser nicht mit zu vielen Details zu langweilen, aber noch genug Nebensächlichkeiten einzubauen, um es nicht zu schnell abzuhandeln. Wer sich für Psychologie interessiert, muss dieses Buch einfach lesen. Ein brillianter Thriller, der fasziniert!

Montag, 6. Juli 2009

"Was würde Google tun" von Jeff Jarvis

Wer das Internet kennt, kennt Google. Wer etwas im Internet sucht, der "googelt". Doch was macht den Internet-Riesen so erfolgreich - und wie können wir alle davon profitieren? Diese Frage stellt der in Amerika bekannte Blogger Jeff Jarvis in seinem Buch "Was würde Google tun". Mit knapp zweieinhalb Monaten Verzögerung (die deutsche Fassung erschien im April) habe ich das Buch nun auch durch - und bin begeistert!

Jarvis macht vor nichts und niemandem Halt. Er fragt sich, wie ein Restaurant nach Google-Art wäre (auf der Speisekarte würde angezeigt, welches Gericht wie oft genommen wäre und wie beliebt es wäre), wie ein von Google gebautes Auto aussähe (die Kunden könnten sich das Interieur selber gestalten und hätten wesentlich mehr Freiheiten bei der Auswahl der Extras) und sogar, wie eine Google-Regierung regieren würde (mehr Bürgerbeteiligung, E-Petitionen und bloggende Politiker).

Im ersten Teil fasst Jarvis zusammen, was Google alles zu Google macht, was den Suchmaschinenbetreiber, der längst mehr als das ist, zu einer der größten Firmen der Welt gemacht hat. Sein Fazit: Schlichtheit, Kunden(ein)bindung und die Konzentration auf das Wesentliche. Google verwaltet den Überfluss und lässt die Massen entscheiden, was sie wollen und bietet ihnen genau das. Offenheit und Vertrauen sind nach Jarvis die Grundpfeiler des Google-Erfolgs - und können auch die Grundpfeiler von jedermanns Erfolg werden!



Jeff Jarvis ist ein spannendes Buch für Internet-Interessierte gelungen, aber auch für alle anderen, die zukunftsfähig sein wollen. Denn die Macht von Google und der Google-Art ist noch lange nicht auf dem Höhepunkt - daraus macht Jarvis keinen Hehl. Beim Lesen hat man immer wieder "Ahhhh, klar, das ist doch logisch"- und "Warum ist da keiner eher drauf gekommen?"-Momente. Aber ob sich der Google-Weg wirklich auch bei anderen Firmen durchsetzt, wird sich noch zeigen.

Bloggen, Offenheit demonstrieren, sehen, was der Kunde will und ihm genau das geben, statt ihm aufzudrängen, was man will, dass er es will - der Google-Weg ist im Prinzip wirklich leicht. Aber er ist einfach ungewohnt. Und selbst wenn man keine Lehren aus dem Buch umsetzt: Eine spannende und aufschlussreiche Lektüre ist es allemal!

Sonntag, 5. Juli 2009

"Die Ameisenzählung" von Daniel Glattauer

Daniel Glattauer schreibt für die österreichische Tageszeitung Der Standard, unter anderem Kolumnen. Über die österreichischen Befindlichkeiten, die Alltagsabsurditäten, über die unfreiwillige Komik des Lebens.
Im vorliegenden Buch findet man 219 dieser Kommentare aus der Zeit zwischen 1995 und 2000. Es ist ein Buch, das einen schmunzeln lässt und bei so manchem (österreichischen) Leser wohl ein Aha-Erlebnis auslöst ("Ach, ja, das war damals aktuell."). Die meisten der Kolumnen jedoch sind von immer währender, und nicht nur österreichischer, Aktualität: Sei es, dass Glattauer den österreichischen Tourismus aufs Korn nimmt ("Solange es unter den Wirten Märtyrer gibt, die sich trotz Gästeallergie und Bettvergabe-Trauma nicht zu schade sind, den Betrieb aufrechtzuerhalten, muss man sich um den österreichischen Fremdenverkehr keine Sorgen machen.") oder die zunehmenden Germanismen, die sich ins österreichische Sprachbild drängen ("Bisher fanden wir mit 'bislang' gerade mal eben das Auslangen. 'Gerade mal' hat uns mal eben gerade noch gefehlt."), sei es die ewige Unzufriedenheit mit dem Wetter, das nicht eben neue Gerangel um das gerade aktuelle Männer- ("Weichmännerschwemme")-Bild oder die Fitnesswelle ("Die Leute schalten beim Laufen das Hirn aus und vergessen daher stehen zu bleiben.").


Auch wenn einiges für Nicht-Österreicher schwer -und manches gar nicht- zu verstehen ist: Diese Kolumnen-Sammlung macht einfach Spaß! Jede Seite eine Kolumne - das ist schönes Gedankenfutter nebenbei. Glattauer (der durch seinen E-Mail-Liebesroman "Gut gegen Nordwind" bekannt geworden ist) beobachtet genau, weiß, was im Alltag interessant ist und schreibt das ganze mit einer sprachlichen Finesse nieder, die begeistert. Eine klare Lese-Empfehlung!

Donnerstag, 2. Juli 2009

"Fliegende Koffer" von Annegret Held

Annette arbeitet im Sicherheitsbereich eines großen Flughafens. Wechselnde Arbeitszeiten mit langen Nachtschichten dominieren ein Leben, das sich an der Nähe zu den Passagieren schadlos hält. Annette und ihre Kollegen erfahren die Welt durch das Abtasten von Körpern, den Blick in Koffer und die Augen der Reisenden. Und immer wieder weicht die spontane Vertrautheit mit den Passagieren einer Paranoia, die sich aus der Angst vor dem Terror und dem einen Koffer speist, den es zu finden gilt. Tag für Tag, Nacht für Nacht. In einer dieser Nächte begegnet Annette zu ihrem Schrecken auch Simon, ihrer ehemals großen Liebe, der jetzt in hoher Position bei der Bundespolizei ist und damit einer ihrer Vorgesetzten.

Ein wirklich charmantes, ehrliches und unterhaltsames Buch aus dem Leben. Keine einfache Unterhaltungslektüre, denn hier gibt es eine faszinierende Bildsprache und tolle Metaphern. "Fliegende Koffer" ist ein nicht alltägliches Alltagsbuch. Eine klare Lese-Empfehlung an alle Freunde von Doris Dörrie und Co.!

"Todesahnung" von James Patterson

Kristin Burns, 27, eine passionierte, aber noch erfolglose Fotografin, verdient sich ihren Lebensunterhalt als Kindermädchen in New York. Als sie eines Morgens von der Schule, in die sie die Kinder gebracht hat, nachhause fährt, sieht sie vor dem Falcon Hotel eine Menschenmenge. Beim Näherkommen erkennt sie, dass sich dort ein Drama mit mehreren Toten abgespielt hat. Instinktiv zückt Kristin ihre Kamera und fotografiert ununterbrochen - bis sie feststellt, dass sich der Reißverschluss eines der Leichensäcke öffnet und eine weibliche Hand daraus hervorkommt...

Mal ein sehr untypischer Thriller von James Patterson: Hier dominiert das Rätselhafte und Mysteriöse, die Spannung kommt aber trotzdem nicht zu kurz. Was steckt hinter Kristins Visionen? Und warum kann sie tote Menschen sehen? Ein kurzweiliger, höchst mysteriöser Thriller. Er ist dank kurzer Kapitel auch schnell gelesen - ich hatte "Todesahnung" innerhalb von 24 Stunden durch.